Chakra Zertifikat - Biologischer Anbau und Schutz des Amazonas Regenwaldes
Einleitung
Ob Bio, Fair-Trade, WWF, FSC oder Rainforest-Alliance, alle diese Siegel haben eines gemeinsam: sie wurden von Personen und Organisationen gegründet, die teilweise sogar kommerziell und damit Profit-orientierte Firmen sind. Ihre Bedingungen zum Erhalt des Siegels geben sie ohne Mitsprache der betroffenen Produzenten vor.
In diesem Artikel gehe ich auf das "Sello Chakra Amazonica" Siegel aus Ecuador ein, welches von indigenen Kichwa Gemeinden des Amazonas-Regenwaldes ins Leben gerufen wurde, um die dort seit Jahrtausenden praktizierte Landwirtschaft und die Tradition bekannter zu machen.
Inhaltsverzeichnis
- Das Sello Chakra Amazonica Zertifikat
- Wofür steht das Zertifikat
- Was wächst in der Chakra?
- Die Chakra, ein Ort des Lebens
- Die 9 Prinzipien des Chakra-Zertifikats
- Chakra-Zertifikat statt Bio, Fair-Trade und Co.?
- FAO United Nations: Internationale Anerkennung 2023
- Aufbau einer Chakra im Amazonas Regenwald
Das Sello Chakra Amazonica Zertifikat
Das Sello-Chakra-Amazonica Zertifikat wurde 2019 ins Leben gerufen, um die Lebensbedingungen der im Amazonas lebenden Familien zu verbessern.
Es bewirbt die Produktion, den Verkauf und den Konsum von nachhaltigen Bioprodukten, ohne dabei Kosten für die Bauern und Genossenschaften zu verursachen. Es bezieht zudem die Produzenten und damit die Kichwa-Tradition selbst mit ein und garantiert die Qualität der Nachhaltigkeit für das Ökosystem "Amazonas", indem Pflanzen, Tiere und Menschen zusammenleben.
Das Zertifikat incentiviert ebenfalls die Zusammenarbeit mit lokalen Märkten und die Arbeit von Frauen in den Chakras, Märkten und allen Bereichen der Produktion von Produkten, wie Schmuck und Arzneimittel.
Bilder von www.corporacionchakra.org
Wofür steht das Zertifikat
Der Ursprung des Sello-Chakra-Zertifikats entstammt den Genossenschaften der Kichwa Gemeinden selbst. Es spiegelt den Zusammenschluss vieler Weniger wider, die sich lokal und global für die Anerkennung, Wahrnehmung und Wichtigkeit einer seit Jahrtausenden praktizierten Urwaldnutzung einsetzen. Nämlich das "anzestrale" System zur Produktion lebenswichtiger Güter im Amazonas-Regenwald.
In der Praxis legt das Siegel dabei Wert auf die folgenden von den Kichwa selbst definierten Werte:
- Konservierung des Ökosystems "Amazonas"
- Nahrungssicherheit für die Familien
- Generieren von Einkommensquellen für die Familien
- Lokale Organisation
Was wächst in der Chakra?
Bei einer Chakra handelt es sich um ein lebendes Ökosystem. Es enthält spezielle Komponenten, die temporär und rotierend, aber auch dauerhaft sein können. Sie spiegeln die Vegetation in Flora und Fauna eines Sekundärwaldes wider. Insbesondere:
- Bäume für z.B. Bauholz
- Früchte
- Gemüse
- Gewürze
- Kräuter
- Medizinpflanzen
- Pflanzen dessen Blätter, Stängel und Samen zu Schmuck, Farben und Kleider verarbeitet werden kann
- Spirituelle Nutzpflanzen
Alle diese Pflanzen werden miteinander kombiniert und bieten ein Zuhause für Tiere und Insekten wie z.B.:
- Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge
- Verbreiter von Samen wie Vögel
- Säugetiere
- Amphibien
- Reptilien
Dass diese Aspekte der Chakra umgesetzt werden ist traditionell Aufgabe der "Chakra-Mama" der Frau bzw. der Frauen der Familie. Sie bezieht dabei alle ebenfalls Männer, Jungen und Mädchen mit ein.
Die Chakra, ein Ort des Lebens
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Chakra ist der Austausch mit anderen Familien. Nicht jede Chakra sieht daher gleich aus. Je nach Bedarf der Familien und der Gemeinden, denen die einzelnen Familien angehören, variieren die Chakras im Aufbau. Auf diese Weise kann ein kontinuierlicher Austausch in Nahrungsmitteln, Medizin, Wissen und Kultur stattfinden.
Die Chakra ist ein Biotop, ein Ort des Lebens, indem sich die Familien kreativ mit der Natur beschäftigen und lernen, mit ihr im Einklang zu leben. Trotz dessen, dass dieser Bereich menschengemacht ist, erlaubt er Flora und Fauna sowie dem großen Ökosystem "Amazonas" ein Eigenleben zu führen.
Diese Vielfalt ist dabei nicht nur auf die Kombination verschiedener Pflanzen zurückzuführen, sondern auch der Tatsache, dass in einer Chakra keine externen Dünger und Pestizide eingesetzt werden. Dünger und Pestizide werden direkt in der Chakra produziert. So können z.B. Knollen und Blätter spezieller Pflanzen zu einem Sud fermentiert werden, welcher wiederum vor Fraßfeinden schützt. Stark zehrende Pflanzen werden neben Pflanzen gesetzt, die Stickstoff aus der Atmosphäre binden.
All das bedarf viel Arbeit, Wissen und Herzblut.
Die 9 Prinzipien des Chakra-Zertifikats
- Förderung der indigenen Weltsicht des Amazonas
- Natürliche und agrarökologische Bewirtschaftung
- Überliefertes Wissen des Kichwa-Volkes des Amazonas fördern
- Gemeinschafts- und Verbandsorganisation fördern
- Diversifizierte Produktion für Ernährungssouveränität gewährleisten
- Frauen in Führungspositionen und Familienintegration
- Hohe Artenvielfalt
- Nachhaltige und diversifizierte Produktion für wichtige Märkte
- Natürliche Landschaft des Amazonas-Regenwaldes beibehalten, um widerstandsfähig gegenüber dem Klimawandel zu sein
Stelle den automatischen Untertitel bei YouTube auf Deutsch, um das Kurzvideo besser zu verstehen.
Chakra-Zertifikat statt Bio, Fair-Trade und Co.?
Keines der Zertifikate schließt eines der anderen aus, doch stellt sich natürlich die Frage aus welchem Grund Firmen und Bauern-Genossenschaften, mehrere Zertifikate nutzen sollten.
Alleine die Kosten für die Bio-Zertifizierung sind im Falle der Genossenschaft, mit der GUYA zusammenarbeitet, 5-Stellig. Diese Kosten fallen jährlich an. Zusätzlich fallen Kosten auf Seiten von GUYA für eine nochmalige Bio-Zertifizierung in Europa an. Auch diese Kosten sind bereits 4-Stellig. Die großen Profiteure davon sind nur leider weder die Genossenschaften noch die Firmen wie GUYA, sondern nur die privaten Firmen mit der offiziellen Lizenz zur Zertifizierung.
Der Handel und der Konsument sind schon lange nicht mehr bereit, deutlich mehr für ein Bio-Produkte zu zahlen. Kommerziell und Bio sind am Ende der Wertschöpfungskette preislich meist bereits kongruent. Auch der Biohandel ist wie der kommerzielle Handel auf Profit aus und muss seine jährlichen Wachstumszahlen den Investoren präsentieren und rechtfertigen. Mehr Gewinn auf Seiten der großen Firmen läuft dabei oftmals auf weniger Gewinn bei den Bauern hinaus.
Bio, Fair-Trade und Co. sind aus meiner Sicht und Erfahrung, insbesondere im jetzigen Vergleich, mit einem durch die Produzenten selbst kreierten und verwalteten Siegel nicht mehr zeitgemäß. Es mangelt ihnen an Ganzheitlichkeit und birgt zeitgleich hohe Kosten, die, oftmals ohne Zuschüsse aus dem öffentlichen Sektor, nicht zu stemmen sind.
FAO United Nations: Internationale Anerkennung 2023
2023 haben die Bestrebungen ebenfalls Gehör bei der Food and Agriculture Organisation (FAO) der United Nations gefunden. Diese haben die Chakra als offizielles Landwirtschafts-System anerkannt und sogar den Titel der “Globally Important Agriculture Heritage System" (GIAHS) zugesprochen.
Zu Deutsch handelt es sich dabei um "Erhaltenswerte landwirtschaftliche Produktionssysteme globaler Bedeutung".
Dies bestätigt ebenfalls den enormen Wert, den die Chakra, nicht nur für den Amazonas-Regenwald und seine Bewohner, sondern den gesamten Planeten, liefert.
Die FAO beschreibt die Chakra unter anderem mit den Worten:
Eine Chakra ist ein produktiver Familien- und Gemeinschaft-Bereich, welcher stets die Struktur des ihn schließenden Waldes nachahmt.
Aufbau einer Chakra im Amazonas Regenwald
Der Aufbau einer Chakra orientiert sich am umgebenden Regenwald, wenn auch eine Chakra weit offener gestaltet ist als der dichte Wald, welcher kaum Licht auf den Boden lässt.
Das Schutzlevel wird aus hohen Bäumen gebildet, die Schutz vor zu viel Sonne und Regen und zeitgleich einen Lebensraum für z.B. Vögel bieten.
Das Intermediäre-Level besteht aus allerhand Fruchtbäumen, Palmen, Kakao, Mais, Papaya, Orangen, Zitronen. Je nach Pflanzenarten kann dieses Level bis in das Schutzlevel hineinwachsen.
Das Boden-Level ist ein dicht bewachsener Teppich aus Pflanzen wie z.B. Kartoffel, Süßkartoffel, Yuka, Kürbis, Vanille und Ananas.
Trotz dessen, dass diese grundlegenden Aspekte für jede Chakra gilt, unterscheidet sich jede Chakra zur anderen. Dies hängt mit den bereits beschriebenen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Familien und Gemeinden zusammen.